Die Fremdartigkeit des Orients faszinierte die Menschen seit den
ersten Reiseberichten europäischer Reisender. Vor allem die (den
Männern) verschlossene Welt der orientalischen Frauen und die
orientalische Musik wirkten auf die Europäer und nährten Fantasien, wie
die Tänze dieser exotischen Gestalten aussehen könnten. Um die vorletzte
Jahrhundertwende wurden diese Themen ohne Verbindung zum traditionellen
orientalischen Tanz von vielen Tänzerinnen aufgegriffen und in
Tanzproduktionen vorgestellt, vor allem auf Kabarett- und Varietébühnen.
So entstand ein eigenes, erotisch konnotiertes Genre des
„orientalischen Tanzes“ ausschließlich im Westen – das erst über die
Medien des 20. Jahrhunderts auf den Orient zurückwirkte.
Zur Zeit der Weltausstellung
in Chicago um 1893, zeigte die relativ unbekannte Tänzerin Little Egypt
zum ersten Mal „orientalische Tänze“ vor internationalem Publikum. In
der Zeit des ausgehenden 19. Jahrhunderts war das Zeigen eines
entblößten Bauches, ebenso wie das Zeigen eines bloßen Fußes oder
unbedeckter Hände und Arme, gesellschaftlich sanktioniert.
Die Tänze von Little Egypt, die in den USA später in Burlesque-Aufführungen
auftrat, waren trotz oder gerade wegen der Zurschaustellung
normalerweise bedeckter Körperteile eine Sensation. Offiziell wurde dem
Tanz und der Tänzerin nur entrüstete Aufmerksamkeit gezollt, trotzdem
ist ihr Name bis heute ein Begriff. Es existieren Fotoaufnahmen
verschiedener Tänzerinnen, die sich ebenfalls Little Egypt nannten.
Die amerikanische Tänzerin Ruth St. Denis
(1879–1968) beschäftigte sich mit verschiedensten religiösen und
esoterischen Lehren. Ihre Tanzausbildung beruhte auf der Grundlage des Delsarte-Systems. Ein Zigarettenplakat der Göttin Isis
beeindruckte sie nachhaltig und inspirierte sie 1906 zu ihrer ersten
Tanzschöpfung. In den nächsten Jahren beschäftigte sich Ruth St. Denis
immer mehr mit orientalischen Themen, die ihre abendfüllende
Tanzproduktion "Egypta" mündeten. Als Gemeinschaftsarbeit mit ihrem Mann
Ted Shawn entstand 1916 die Produktion „Dance Pageant of Egypta, Greece and India“. Ihre „Denishawn“-Schule in Los Angeles wurde zu einer zentralen Ausbildungsstätte. Sie choreografierte die babylonischen Tänze in D. W. Griffiths Monumentalfilm Intolerance.
Mit ihrer Kompanie unternahmen beide 1925/26 eine große Tournee in den
Fernen Osten. Neben den Gruppenstücken kreierte Ruth weiterhin Solotänze
wie The Spirit Of The Sea, White Jade, Angkor-Vat. Zusammen mit La Meri
(Russell Meriwether Hughes) gründete sie den dem orientalischen Tanz
gewidmete School of Natya. Vor allem die orientalische Tanzszene
Amerikas verehrt Ruth St. Denis als Pionierin des orientalisch
inspirierten Tanzes.
Loïe Fuller
trat als Serpentinentänzerin (ein Tanz mit übergroßen Schleiern) 1892
erstmals öffentlich auf. 1893 ließ sie sich ihr Kostüm und
„Bühnenvorrichtungen zur Erzeugung von Illusionseffekten“ in Frankreich
und London patentieren. Mit ihren Inszenierungen begeisterte und
inspirierte sie viele Künstler ihrer Zeit. Henri de Toulouse-Lautrec, Jules Chéret, Will Bradley, Thomas Theodor Heine, James McNeill Whistler, Maurice Denis
und viele andere verewigten sie in ihren Kunstwerken. Sie arbeitete als
erste mit farbigen Lichtprojektionen und elektrischem Licht. Gabriel
Pienré schrieb 1895 die Musik zu Fullers Interpretation der Salome, die am 4. März 1895 in der Comédie-Parisienne als lyrische Pantomime von Charles H. Meltzer und Paul-Armand Silvestre uraufgeführt wurde.
Das Thema der Salome, der todbringende Tanz einer Frau mit seiner Tragik, wie sie auch Oscar Wilde
in seinem Stück 1893 inszenierte, diente als Vorlage für viele
Tänzerinnen der jüngeren Generation. Nach der Jahrhundertwende, dem
berühmten Fin de siècle,
nahmen viele Tänzerinnen das Thema Salome auf und interpretierten es
für sich neu. Die bekannteste Tänzerin die sich der Aufführung von
Salome lange Zeit und mit nicht nachlassendem Erfolg widmete, war Maud Allan. Die erste Aufführung von The Vision of Salome fand am 2. Dezember 1906 am Wiener Carl-Theater statt. Ihr Tanz wurde als Weiterentwicklung der Tänze von Isadora Duncan betrachtet, der Pionierin des „freien Tanzes“.
Eine weitere Tänzerin, deren Hauptbeschäftigung aber eher den
asiatischen Tänzen galt und die den Orient-Boom des angehenden 20.
Jahrhunderts ausnutzte, war Mata Hari. Unter diesem Künstlernamen präsentierte sie Nachempfindungen indischer Tempeltänze. Die Szene in der sie zuletzt „nackt“ zu sehen war, wurde eine Sensation. Es folgten Auftritte in den Salons von Baron von Rothschild, Cécile Sorel, Gaston Menier, Natalie Clifford Barney.
Viele Menschen würden Mata Hari unbesehen zu den orientalische
Tänzerinnen zählen, aufgrund der ausgeprägten Exotik ihrer Kostüme. Mata
Hari hatte jedoch nie eine Tanzausbildung und tanzte vor allem, um am
Ende ihre Nacktheit zu präsentieren, die ihre Karriere ankurbelte.
Quelle: Wikipedia
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